Rückwirkende Berichtigung einer Rechnung

Erhebliche Erleichterung für die Praxis – Der BFH ändert seine Rechtsprechung zum Vorsteuerabzug aus einer berichtigten Rechnung. Nach neuer Auffassung des BFH wirkt die Berichtigung auf den Zeitpunkt des Erhalts der fehlerhaften Rechnung zurück.

Die Entscheidung ist von großer Bedeutung für Unternehmer, die trotz formaler Rechnungsmängel den Vorsteuerabzug aus bezogenen Leistungen in Anspruch nehmen. Sie hatten bislang bei späteren Beanstandungen selbst im Fall einer Rechnungsberichtigung Steuernachzahlungen für das Jahr des ursprünglich in Anspruch genommenen Vorsteuerabzugs zu leisten. Die Steuernachzahlung war zudem im Rahmen der sog. Vollverzinsung mit 6 % jährlich zu verzinsen. Beides entfällt nunmehr.

Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt voraus, dass der Unternehmer eine ordnungsgemäß ausgestellte Rechnung besitzt. Eine fehlerhafte Rechnung kann grundsätzlich berichtigt werden. Fehler fallen aber häufig erst nach Jahren auf – meist im Rahmen einer Außenprüfung. Bislang hat die Finanzverwaltung und Rechtsprechung eine Rückwirkung abgelehnt. Ein Vorsteuerabzug sei erst für den Voranmeldungszeitraum möglich, in dem dem Unternehmer die berichtigte Rechnung vorgelegen habe. Dies führte dann zur Steuernachzahlung samt Verzinsung.

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Anders sieht dies nun der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 20.10.2016 - V R 26/15 und folgt damit dem EuGH-Urteil vom 15.9.2016 - Rs. C-518/14 in der Rs. Senatex. Der EuGH habe in seinem Urteil entschieden, dass der Besitz einer ordnungsgemäßen Rechnung zwar formelle, nicht aber materielle Voraussetzung für das Recht auf Vorsteuerabzug sei.

Eine Berichtigung wirke daher auf den Zeitpunkt zurück, zu dem die Rechnung ursprünglich ausgestellt worden sei. An seiner abweichenden früheren Rechtsprechung halte der Senat infolge der EuGH-Rechtsprechung nicht mehr fest. Ein Dokument muss allerdings einen bestimmten Mindestinhalt aufweisen. Die Angaben zum Rechnungsaussteller, zum Leistungsempfänger, zur Leistungsbeschreibung, zum Entgelt und zur gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer müssen in gewissem Umfang vorhanden sein.

Der EuGH hatte in seiner Entscheidung ausdrücklich offengelassen, bis wann eine Rechnung berichtigt werden kann. Auch die deutsche Gesetzeslage regelt keine zeitliche Grenze. Der BFH hält unter Berufung auf allgemeine Grundsätze nunmehr eine Berichtigung bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht für möglich.

Dennoch sollten die folgenden Hinweise in der Praxis beachtet werden:

  • Die durch den EuGH veranlasste Rechtsprechungsänderung des BFH bringt für die Praxis eine erhebliche Erleichterung. Schon bislang war bei Rechnungsfehlern der Vorsteuerabzug zwar nicht zwingend gänzlich verloren, es drohte aber insbesondere die Vollverzinsung mit 6% p.a. für den Zeitraum bis zur Berichtigung.
  • Mitnichten hat sich die Pflicht der Unternehmer und ihrer Berater zur Prüfung von Eingangsrechnungen erledigt, denn zunächst kann sich der Unternehmer auch in Zukunft nicht sicher sein, dass eine Berichtigung rein tatsächlich noch stattfindet, wenn er eine fehlerhafte Rechnung bereits (unter Umständen vor Jahren) beglichen hat. Daneben bleibt die Prüfung geboten, ob Eingangsrechnungen wenigstens die vom BFH genannten Minimalanforderungen an Rechnungen erfüllen.

 

Quellen:
Pressemitteilung des BFH vom 21. Dezember 2016
Urteil des BFH vom 20.10.2016 – V R 26/15
Urteil des EUGH vom 15.09.2016 – C-518/14